Geschichte des AhrbergViertels
Der Name Ahrberg stand immer für besonders gute Qualität. Generationen von Hannoveranern sind mit den Wurstwaren von Fritz Ahrberg groß geworden, wenn sie es sich leisten konnten.
1896 eröffnete Fritz Ahrberg in der Deisterstraße seine erste Fleischerei. Der Laden wurde bald zu klein für sein unternehmerisches Geschick. Ab 1912 entstand die laut Eigenwerbung „bedeutendste Wurst-, Aufschnittwaren- und Fleischkonservenfabrik Deutschlands“ zwischen Deisterkreisel, Charlotten- und Haspelmathstraße nach Entwürfen des Bauingenieurs Paul Muschiol. Besonderes Interesse weckten die umfangreichen Dampfkochanlagen, die von der Firma Voß aus Hannover stammten. In den Fabrikhallen konnten jährlich 50.000 bis 60.000 Schweine verarbeitet werden. Geschlachtet wurde auf dem Gelände nicht.
Bei der Ausstattung hatte Fritz Ahrberg nicht gespart. Die Wände der Arbeitsräume waren komplett mit weißen Fliesen verkleidet, die Arbeitstische aus weißem Marmor und die Fußböden aus glattem Terrazzo. Auf dem großen Innenhof wurden die Schweine, die vom Schlachthof kamen, entladen. Das Fleisch kam danach in den Kühlraum oder aber zur anderen Seite in den Rohwurstraum. An den langen Marmortischen zerlegten die Gesellen die Hälften, trennten die Schinken ab. Andere verarbeiteten an riesigen Wiegeblöcken ausgesuchtes Magerfleisch zu Gehacktem. Aus dem Rohwurstraum gelangte das vorbereitete Rohfleisch in den daneben liegenden großen Kochraum. Hier wurde das Fleisch in verschiedenen Maschinen zu Leber-, Fleisch- und anderen Wurstsorten verarbeitet. In einem turmartigen Nebengebäude neben dem Kesselhaus befanden sich große Rauchkammern.
Von 1914 bis 1924 wurde die Fabrik ständig erweitert. 1918 entstand das Kesselhaus und in den 30er Jahren kaufte Ahrberg auch die alte Bettfedernfabrik dazu, die sich in der Mitte des heutigen Geländes befindet. Über die Produktion während des Zweiten Weltkriegs finden sich in Archiven und Geschichtsbüchern kaum Hinweise. In den kargen Nachkriegsjahren spendierte Ahrberg für die Hannoveraner einmal pro Woche Brühe.
Auf dem Höhepunkt der Firmengeschichte waren mehr als 1.200 Arbeiterinnen und Arbeiter in der Fabrik und in den Filialen beschäftigt. Der Enkelgeneration des Firmengründers blieb der Erfolg nicht treu. In den frühen 90er Jahren häuften sich die negativen Schlagzeilen über das Unternehmen. Entlassungen von Mitarbeitern waren an der Tagesordnung, die Fabrik sollte sich gesund schrumpfen. Die Geschäftsführung begründete die Misere mit dem sinkenden Pro-Kopf-Verbrauch bei Fleisch und Wurst. Das Unternehmen schrieb rote Zahlen und wurde zum Sanierungsfall.
Die Ahrberg-Erben verkauften das Unternehmen 1992 schließlich an die Illinger Hans Höll AG, die den Firmensitz aus Kostengründen nach Pattensen verlegte. Eine Industriebrache blieb zurück. Viele namhafte Bauträger in Hannover bemühten sich um das Gelände. Sie wollten die alte Bausubstanz abreißen und an dieser Stelle neu bauen.
Ein Glück für Linden, dass sich auf Initiative des Architekten Dr. Gert Meinhof eine Käufergemeinschaft mit der Arbeiterwohlfahrt und der agsta zusammenfand und 1997 den Kaufvertrag über 8 Millionen DM mit Fritz Ahrberg schloss. Die Architekten entschieden sich für eine behutsame Sanierung der alten Bausubstanz. Nach mehrjähriger Bauzeit präsentiert sich das Gelände heute in einer gelungenen Mischung aus alt und neu. Alle Gebäude blieben erhalten, nur Schuppen und Anbauten wurden abgerissen. Am Baumhaselweg ist ein Neubau mit sechs Wohnungen dazu gekommen.
Von den 120 Einheiten wird etwa ein Drittel gewerblich genutzt. Die Arbeiterwohlfahrt konzentriert viele soziale Dienste in der Deisterstr. 85. Der Kinderladen „Die Strolche“, das „Studio für Tanz und Bewegung Compagnie Fredeweß“, das „Atelier Lineart“, das „Hotel im AhrbergViertel“, der „Interkulturelle Sozialdienst“ und die spanische Gastronomie im „Rias Baixas“ runden die gelungene Mischung aus Wohnen, Arbeiten und sozialen und kulturellen Angeboten ab.
Durch den Neubau eines großen Lebensmittelmarktes mit darüber angeordneten Wohnungen am Allerweg und die Sanierung mehrerer Altbauten wurde das AhrbergViertel in den Folgejahren im Norden bis zum Allerweg und im Süden bis zur Haspelmathstrasse erweitert.
2001 gründete sich die Interessengemeinschaft AhrbergViertel e.V., kurz IGAV. Ziel des Vereins ist ein harmonisches Wohnen und Arbeiten im Ahrbergviertel und die Förderung des Zusammenhalts und der Nachbarschaft. Sie betreibt auch diese website. Bis zum Jahre 2017 wurde in jedem Sommer ein großes deutsch-spanisches Sommerfest im AhrbergViertel mit internationalen Bands, Tanzgruppen, Kinderprogramm und anderen Vorführungen organisiert. Dann wechselte man zu kleineren und nachbarschaflicheren Formaten: Man trifft sich nun gelegentlich zum Frühstück auf der Plaza, lädt zum offenen Singen im Sommer und zum Adventssingen im Winter ein. Beim Wohnungshopping ziehen die Teilnehmer von Wohnung zu Wohnung und servieren in der eigenen jeweils einen kleinen Imbiß. Und einmal im Jahr gibt es ein Nachbarschaftsfest mit Musik und Tanz im Garten.